Die starke Frau und das traurige Gefühlsmonster

Ein Paar, beide um die fünfzig, kommt zur Mediation, um ein paar neuralgische Punkte ihrer Beziehung zu bearbeiten. Ein Thema ist, dass die Firmenfeiern des Mannes, die sie gemeinsam besuchen, seit Jahren anschließend zu erbitterten Streitgesprächen führen.

 

Sie: „Wir kommen zusammen da an, und dann verschwindet er sofort auf Nimmerwiedersehen mit seinen Kollegen.“

Er: „Aber sie ist doch dann immer ganz fröhlich mit den anderen Kollegen, die sie kennt, und dann macht sie mir hinterher die tollsten Vorwürfe!“

Frage an die Frau: “Wie fühlen Sie sich, wenn Ihr Mann beim Fest Kollegen trifft und mit Ihnen weggeht? Bitte wählen Sie eine Gefühlsmonster-Karte dafür aus.”   Sie wählt

Nr. 4
Nr. 4


und sagt dazu “Ich bin total traurig: wir haben uns zusammen schick gemacht und ich habe mich drauf gefreut, etwas mit ihm zusammen zu unternehmen. Und dann bin ich immer alleine mit den Kollegen.“

 

 

Er (fassungslos): “Du meine Güte, das wusste ich ja gar nicht, dass du da so traurig bist! Tut mir echt  leid!”

Die beiden schauen sich liebevoll an, und es wird deutlich, dass sein Bedauern ernst gemeint ist und dass ihr das gut tut.

Frage an die Frau: “Und kann es sein, dass Sie dies Ihrem Mann in der Situation nicht gezeigt haben?”

Sie: “Natürlich nicht, ich will mich doch vor anderen nicht blamieren. Da sage ich natürlich nichts. …..”

Die Stimmung zwischen den Beiden ist jetzt entspannt, und ohne die Hilfe der Mediatorin vereinbaren sie miteinander, dass sie ihn am Ärmel zupft wenn die Situation wieder eintreten sollte. Und für den Fall, dass er dies nicht merkt, vereinbaren sie, dass sie ihm zuruft „Wolltest du nicht noch Anton anrufen?“

In der nächsten Sitzung berichten die Beiden, dass sie diesen Zuruf jetzt öfter verwenden, wann immer eine/r von beiden sich vernachlässigt fühlt – und dass sie dann beide lachen müssen und sich die Situation dadurch entspannt….


Autorin: Lilli Höch-Corona