Gefühle-Letter Nr. 71 „Offenheit“

Gestern hat meine Freundin, Gesangs- und Instrumentallehrerin, von einem wunderbaren Konzert mit Profis und Laien erzählt. Sie beschrieb in wärmsten Farben, wie eine interessierte und offene Haltung der Zuhörer dazu beitrug, dass die Vortragenden ganz bei sich und ihrer Musik bleiben und sich in diesem Raum entfalten konnten. Über das hinaus, was sie vorher geübt und gezeigt hatten ergab sich eine ganz wunderbare Musik.

Wunderbare Musik kann es auch im Gespräch geben. Dann, wenn es gelingt, einen gemeinsamen Raum N Gruppen-Umarmung! v2 4zu schaffen, in dem wir ohne Vorannahmen und Bewertungen zuhören und aus unserem N Och das ist aber nett 2 3.5Herzen heraus sprechen. So kann etwas Neues, vorher nicht da gewesenes entstehen, können gegensätzliche Standpunkte versöhnt und vorher nicht sichtbare Lösungen gefunden werden.

Hier eine kleine Geschichte eines Seminarteilnehmers dazu:

„Also ihr wisst doch, dass ich in einer Wagenburg hier in Berlin lebe, seit vielen Jahren, vom Senat geduldet.

Stellt euch vor, heute Morgen, als ich zum Joggen rausgehe, ist da eine Gruppe Arbeiter, die sämtliche Büsche und Sträucher, die rund um unsere Wagen wachsen, ratzekahl abschneiden. Ihr könnt euch meinen Ärger vorstellen („die machen mit uns, was sie wollen, wieder mal so eine idiotische Aktion, um uns zu vertreiben…) Ich versuche sofort, bei der entsprechenden Stelle beim Senat anzurufen, um zu protestieren – noch zu früh, keiner da.

Also laufe ich wie gewohnt meine Runde, und stellt euch vor, kurz bevor ich zurückkehre fällt mir in meinem Ärger ein, was wir gestern hier gelernt haben.

Ich beschließe, das auszuprobieren (gut, dass ich durch das Laufen schon etwas ruhiger geworden bin…!). Gehe zu den Arbeitern, spreche einen an, der gerade einen kleinen Baum direkt über dem Boden abgesägt hat und sage ihm, dass ich hier wohne und dieses Stück Natur um uns herum sehr liebe – und wie unglücklich und ärgerlich ich über ihre Aktion bin.

N Zufrieden 4Zu meiner großen Überraschung stimmt der Arbeiter mir sofort zu, dass er diesen Auftrag auch nicht für sinnvoll hält. Wir unterhalten uns eine Weile, dann fällt ihm ein, dass es zur Erfüllung der Vorschriften reicht, alle Bäume bis auf zwei Meter zu kappen. Damit bin ich völlig einverstanden – das wächst ja wieder! – er spricht darüber mit seinen Kollegen, wir grüßen uns freundlich und ich gehe überrascht und beschwingt hierher zum Seminar.“

Wie wäre es, wenn wir uns für dieses gerade angefangene Jahr vornehmen, immer wieder darauf zu achten, offen zu sein und darauf zu vertrauen, dass wir gehört werden?

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen, dass Sie in diesem Jahr recht viel wunderbare Musik auf allen Ebenen erleben mögen!