Gefühle-Letter Nr. 67 „Trauer als Kraft“

Heute schreibe ich etwas über die Trauer. Von Trauer als Kraft zu sprechen, ist sicher für Menschen, die gerade um einen lieben Angehörigen oder Freund trauern, eine Zumutung. Wenn dies bei Ihnen der Fall ist, dann ist dieser Brief heute nicht für Sie, und ich spreche Ihnen mein Mitgefühl aus.

Vivian Dittmar spricht in dem Interview (Link (http://www.mystica.tv/vivian-dittmar-gefuehle-verstehen-video/) davon, dass bei dem Gefühl der Trauer etwas anders ist, als wir es gewünscht haben – und wir das nicht ändern können. Wir trauern, wenn ein Freund oder eine Partnerin sich von uns trennt, oder wenn jemand uns Wichtiges stirbt. Auch um einen interessanten Arbeitsplatz oder um das Ende des wunderschönen Urlaubs.

Was hilft, die Trauer zu verarbeiten ist die Bereitschaft das, was ist, anzunehmen. Wir schreiben dies sogenannten weisen Menschen zu, und bei jeder erlebten Trennung egal welcher Art gehen wir einen Schritt weiter auf dem Weg zu dieser tiefen Annahme dessen, was ist.

Dass Trauer und ihre Überwindung uns für das Leben stärken und erfahrener machen, kann ich als Älter-Werdende bestätigen. Dazu gehört zuallererst, die Trauer zuzulassen, sich auf das Empfinden dieses Gefühls einzulassen. Es braucht Zeit. Und liebe Menschen aus unserem Umfeld, die dieses „Nichts-Tun-Können“ gemeinsam mit uns aushalten. Die uns ansprechen, bei uns vorbei kommen, wenn wir selbst nicht in der Lage sind, um Hilfe zu bitten. Wenn wir dies nicht haben, weil wir nicht in einer Gemeinschaft leben und unsere Freunde und Verwandten entweder weit weg oder sehr beschäftigt sind, besteht die Gefahr, dass wir entweder depressiv werden durch zuviel unverarbeitete Trauer oder gleichgültig durch das Unterdrücken der Trauer. Seit den 80er Jahren gibt es deshalb bei uns professionelle Trauerbegleitung, inzwischen auch für Kinder und Jugendliche, wie Sie auch in unseren Anwendungsbereichen nachlesen können.

Von Rainer Maria Rilke (1875 – 1926) habe ich diesen Spruch gefunden:

„Wir haben, wo wir uns lieben, ja nur dies: einander lassen; denn dass wir uns halten, das fällt uns leicht und ist nicht erst zu erlernen.“

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen, dass Sie die Schritte zum Los-Lassen- und Annehmen-Können in einem Ihnen gemäßen Tempo erfahren mögen. So, dass es Ihnen immer mehr gelingt, Ihr Herz zu öffnen und das Leben anzunehmen und zu lieben.