Gefühle-Letter Nr. 45: Ein gesundes und glückliches Neues Jahr!

Das wünschen wir Ihnen allen! Mit guter Gesundheit, Menschen, die Ihnen gut tun und Projekten, die Ihr Herz erfreuen.

Wir haben ein Jahr hinter uns, in dem viel Verunsicherndes passiert ist. Wie geht es Ihnen damit? Manchmal habe ich das Gefühl, wir tragen durch unsere Gepräche über das, was passiert ist, noch dazu bei, dass wir uns schlechter fühlen, und jedenfalls nichts an der Situation besser wird. Und haben nicht so richtig etwas zur Verfügung, was wir tun können, wenn wir nicht direkt in Hilfemaßnahmen oder Projekte involviert sind.

Ich frage mich, ob es uns gelingen kann, neue Rituale zu finden, um unserer Trauer und dem Mitgefühl für leidende Menschen Ausdruck geben und ihnen vielleicht sogar Kraft schicken zu können. Wie wäre es, wenn wir uns an die Tradition des Zusammen-Singens oder spontanen Betens erinnern oder uns an den Händen fassen würden und den Menschen, die gerade gestorben oder verletzt worden sind, licht- und liebevolle Gedanken schicken? Was meinen Sie dazu? Über eine Rückmeldung würde ich mich freuen!

Ich habe als kleine Geschichte zum Neuen Jahr diesen Teil aus Michael Endes Kinderbuch „Momo“ ausgewählt:

“Was die kleine Momo konnte wie kein anderer, das war das Zuhören.

Das ist doch nichts Besonderes, wird nun vielleicht mancher Leser sagen, zuhören kann doch jeder. Aber das ist ein Irrtum. Wirklich zuhören können nur recht wenige Menschen. Und so wie Momo sich aufs Zuhören verstand, war es ganz und gar einmalig.

Momo konnte so zuhören, dass dummen Leuten plötzlich sehr gescheite Gedanken kamen. Nicht etwa, weil sie etwas sagte oder fragte, was den anderen auf solche Gedanken brachte – nein, sie saß nur da und hörte einfach zu, mit aller Aufmerksamkeit und aller Anteilnahme.

Dabei schaute sie den anderen mit ihren großen, dunklen Augen an, und der Betreffende fühlte, wie in ihm plötzlich Gedanken auftauchten, von denen er nie geahnt hatte, dass sie in ihm steckten.

Sie konnte so zuhören, dass ratlose, unentschlossene Leute auf einmal ganz genau wussten, was sie wollten.

Oder dass Schüchterne sich plötzlich frei und mutig fühlten.

Oder dass Unglückliche und Bedrückte zuversichtlich und froh wurden.

Und wenn jemand meinte, sein Leben sei ganz verfehlt und bedeutungslos und er selbst nur irgendeiner unter Millionen, einer, auf denen es überhaupt nicht ankommt, und er ebenso schnell ersetzt werden kann wie ein kaputter Topf – und er ging hin und erzählte das alles der kleinen Momo, dann wurde ihm, noch während er redete, auf geheimnisvolle Weise klar, dass er sich gründlich irrte, dass es ihn, genauso wie er war, unter allen Menschen nur ein einziges Mal gab und dass er deshalb auf seine besondere Weise für die Welt wichtig war.

So konnte Momo zuhören!”

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen, dass Sie dieses Jahr immer mal jemanden finden, der Ihnen so zuhört – und dass es Ihnen auch gelingt, selbst Anderen so zuhören. Vielleicht hilft es ja ein bisschen dabei, uns zu erinnern, was wir aus unserem Herzen heraus tun oder sagen möchten.